Sozialethik: Phänomene der Transdifferenz zwischen Konfessionen und Religionen im Bereich des Ethos und seiner Reflexion Hermeneutik unter den Bedingungen der Ausbildung transdifferenter Verstehenszusammenhänge wird nicht zuletzt Vorgänge und Phänomene im Bereich der Konfessionen und Religionen zum Gegenstand haben. An deren Grenzlinien finden vielfältige Prozesse der Entdifferenzierung und Überlagerung statt, die zur Ausbildung von neuen, anders abgegrenzten Verstehenszusammenhängen und Artikulationsformen führen. Es wird darum gehen, Methoden zu deren Erschließung und theoretische Beschreibungsmöglichkeiten zu gewinnen und einen Beitrag zur Ausarbeitung einer interkulturellen Hermeneutik zu leisten. Dies kann im Anschluss an einige Ansätze geschehen, die in diese Richtung weisen.
Es liegt nahe, dabei an solche interkonfessionellen und interreligiösen Untersuchungen anzuknüpfen, die ihre Aufgabe selbst schon im Sinne der Frage nach den Formen interkultureller Kommunikation und ihrer Hermeneutik reflektieren. In unserem Zusammenhang sind es z.B. Untersuchungen, die religiöse und moralische Themen in Südkorea im Medium europäischer Theologie und Religion bearbeiten, oder solche, die die Traditionen osteuropäisch-orthodoxer Kirchen mit westlicher Theologie und Ethik konfrontieren, ebenso die Bearbeitung von Themen, die in den US-amerikanischen Kontext von Konfessionen und religiösen Traditionen gehören. Ein signifikantes Beispiel dafür ist etwa der Einfluß des mennonitischen Ethos oder bestimmter orthodoxer Traditionen auf die ethische Gesamtdiskussion. Dem Teilprojekt Ethik kommt somit vor allem die Aufgabe zu, in Teilregionen Phänomene der Transdifferenz zwischen den Konfessionen und Religionen im Bereich des Ethos und seiner Reflexion namhaft zu machen. Das betrifft eine Vielzahl von einzelnen Problemstellungen im medizinisch-ethischen Bereich (wie "Gesundheit und Krankheit", "Leben und Tod", "Geburt und Lebensbeginn"), oder im Bereich der Ökonomie "Eigentum und Arbeit", oder im Bereich der politischen Ethik, "Staat und Bürger", "Recht und Moral". Diese Themen erscheinen in einer vielfältigen Brechung, die durch die verschiedenen konfessionell geprägten Traditionen bedingt ist und nicht nur einen unbestimmten Pluralismus darstellt. Hier wird eine komplexe Arbeit der Differenzsetzung und Übersetzung geleistet.
Zu den Sachverhalten, die zu untersuchen sind, gehören auch die Vorgänge der Ausbildung von übergreifenden (universalen oder transdifferenten) Artikulationsormen in der Ethik. Das gilt etwa für die Versuche, über einen Diskurs über "Weltethos" und den Diskurs um die Menschenrechte neue Artikulationsformen zu finden. Entsprechendes gilt für die Thematisierung der Menschenrechte und ihre Funktion für die ethische Verständigung. Die entscheidende Aufgabe wird sein, innerhalb der verschiedenen Themenbereiche (wie Eigentum und Arbeit) die Artikulationsformen zu beschreiben, die sich in und mit den Vorgängen der Transdifferenz- und Differenzbildung ausbilden. Diese sind auf mehreren Ebenen zu erschließen: auf der Ebene des öffentlichen Diskurses und seiner ethischen Literatur, auf der Ebene der dort verarbeiteten und namhaft gemachten Traditionen, und schließlich in den verschiedenen regionalen und kirchlichen Kontexten, in die diese gehören.
| Projektleitung: Prof. Dr. Hans G. Ulrich
Beginn: 1.4.2001
Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft und Freistaat Bayern
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