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FEGB2-Verteilung

Ausführlicher Bericht von einem ausgewähltem Forschungsprojekt: Optionsbewertung mittels Esscher-Transformation und (F)EGB2-Verteilungen
Bearbeiter: M. Fischer
Das Messen von Risiko und die Bewertung von Derivaten wie zum Beispiel einer Option werden stark durch das statistische Modell für den zugrundeliegenden Preisprozeß beeinflußt. Die Qualität der Risikomessung und die Gültigkeit der Preise für das Derivat hängen folglich von der Fähigkeit des Modells ab, das Verhalten der zugrundeliegenden Finanztitel zu beschreiben. Die Auswahl eines ungeeigneten Modells würde zweifelsohne ein „Mispricing“ sowie eine Fehlallokation von Kapital nach sich ziehen. Das bekannteste Optionspreismodell ist sicherlich das Modell von Black und Scholes aus dem Jahre 1973. Dies kann allgemein als Ausgangspunkt der Entwicklung der modernen Optionspreistheorie angesehen werden. Es fußt im wesentlichen auf einem speziellen stochastischen Prozeß als Modell für die Aktienkurse, nämlich der sogenannten geometrischen Brownschen Bewegung. Dies impliziert eine Normalverteilung als Modell für die zugehörigen Renditen, definiert als Differenzen der logarithmierten Preise. Empirische Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß die Renditen im allgemeinen eine Reihe von Besonderheiten (sogenannte stylized facts oder stylized features) aufweisen, die man durch eine Normalverteilung nicht modellieren kann. Zum einen sind empirische Rendite-Verteilungen durch starke Tails und Spitzgipfligkeit gekennzeichnet (siehe Abbildung unten). Außerdem wurde bei vielen Verteilungen eine leichte Asymmetrie festgestellt. Das Auftreten von stylized facts wird am Beispiel deutscher Finanzmarktdaten überprüft. Insbesondere werden Testverfahren sowie grafische Methoden zur Überprüfung der Normalverteilungsannahme rekapituliert und auf konkrete Finanzmarkttitel angewandt. Desweiteren wird untersucht, ob die Momente existieren. Es erfolgt außerdem eine Klassifikation hinsichtlich Tailverhalten und Schiefe.
Um diese Besonderheiten aufzugreifen, wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte eine Reihe von alternativen Verteilungen vorgeschlagen, darunter auch die stabilen Verteilungen. Ein Punkt, der gegen diese Verteilungsfamilie (mit nicht existierender Varianz) spricht ist das Vorhandensein von ''aggregational Gaussianity''. Dies bedeutet, daß mit zunehmender Aggregation der Daten die Verteilung der Renditen gegen eine Normalverteilung konvergiert, was aber die stabilen Verteilungen als Modell für Finanzmarktrenditen ausschließt. Alternativ wurde die Familie der verallgemeinert hyperbolischen Verteilungen von Eberlein und Prause (1999) vorgeschlagen. Diese Verteilung mit fünf Parametern beeinhaltet eine Reihe von Verteilungen als Spezial- bzw. als Grenzfälle und erweist sich als geeignet, um Renditen zu modellieren. Numerische Schwierigkeiten bereitet jedoch das Vorhandensein der modifizierten Besselfunktion in der normalisierenden Konstanten. Um diesen Nachteil zu beseitigen, wird die verallgemeinert logistische Verteilung vom Typ IV benutzt, kurz EGB2, welche einen ähnlich guten Fit an die Daten liefert. Mißt man die Schiefe und die Wölbung mittels der dritten bzw. vierten standardisierten Momente, so können mittels EGB2 nur eingeschränkte, in der Regel jedoch ausreichende Schiefe- und Kurtosiswerte erreicht werden. Dies wird durch die Einführung eines zusätzlichen Parameters behoben. Man gelangt damit zur sogenannten FEGB2 oder verallgemeinert logistischen Verteilung vom Typ V. Dann ist die Dichtefunktion nicht mehr in geschlossener Form angebbar und muß durch numerische Verfahren wie z.B. Sattelpunktapproximation angenähert werden.
Schließlich wird die Bewertung von Finanzderivaten, insbesondere von Optionen fokussiert. Die grundlegende Idee basiert dabei auf dem No-Arbitrage-Prinzip, das zuerst von Black und Scholes benutzt wurde, um die berühmte Optionspreisformel aus dem Jahre 1973 herzuleiten. Letztere konstruierten ein Absicherungsportfolio, bestehend aus einer Kombination der zugrundeliegenden Aktie und Anteilen einer risikolosen Geldanlage, um den Auszahlungsstrom der Option zu duplizieren. Zu jeder Zeit sollte das Portfolio soviel wert sein wie die Option. Andernfalls könnten Arbitrageure durch geschickte Handelsstrategien risikolose Gewinne (''free lunch'') erzielen. Mathematisch formalisiert wurde die Idee durch Arbeiten von Harrison und Pliska (1981) sowie Harrison und Kreps (1983). In deren Terminologie wird der faire Preis einer Option oder allgemeiner einer Zufallsforderung durch den abdiskontierten Erwartungswert der Auszahlungsfunktion unter dem äquivalenten Martingalmaß bestimmt. Das äquivalente Martingalmaß wird gelegentlich auch als risikoneutrales oder risikoadjustierte Martingalmaß bezeichnet. Das heißt, der zugrundeliegende Preisprozeß ist ein Martingal bezüglich des äquivalenten Maßes. Man kann nun zeigen, daß die No-Arbitrage-Annahme äquivalent zur Existenz eines äquivalenten Martingalmaßes ist. Das Maß ist eindeutig, falls jede Zufallsforderung durch ein geeignetes Portfolio dupliziert werden kann. Im Falle des Modells von Black und Scholes wurde - wie schon erwähnt - eine geometrische Brownsche Bewegung für den Preisprozeß unterstellt. Das äquivalente Martingalmaß erhält man mittels der sogenannten Girsanov-Transformation. Um nun z.B. obige verallgemeinerte Renditeverteilungen für die Finanzmarkttitel zu erhalten, muß man zu anderen, verallgemeinerten Preisprozessen übergehen. Eine Möglichkeit stellen exponentielle Levy Bewegungen dar, die in der Lage sind, auch unstetige Preisverläufe, also Preisverläufe mit Sprünge zu modellieren und die Menge der möglichen Renditeverteilungen auf die relativ große Klasse der unendlich teilbaren Verteilungen auszudehnen. Die Maßtransformation wird jetzt mit Hilfe der Esscher Transformation vollzogen.
Exemplarisch wird diese Art der Optionsbewertung anhand der EGB2 bzw. der FEGB2 Verteilung demonstriert. Dabei ergibt sich beim Vergleich der Optionspreise des neuen (F)EGB2-Modells mit dem bekannten Modell von Black und Scholes (siehe auch Abbildung unten) der sogenannte W-Verlauf. Die Vernachlässigung von Überschußkurtosis und Schiefe impliziert also beim Modell von Black und Scholes ein systematisches „Mispricing“ von Optionen. Es wird zudem empirisch gezeigt, daß auch der bekannte Smile-Effekt durch Übergang zum (F)EGB2-Modell reduziert werden kann.
Projektleitung:
Dipl.-Math. M. Fischer

Laufzeit: 1.2.2000 - 1.8.2000

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